Der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) begrüßt die getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung zur Versorgung der Bevölkerung, fordert aber zum Schutz der Lieferketten dringend weitere Maßnahmen (siehe unten).
Aus Sicht des BWVL ist für die kommenden Wochen und Monate entscheidend, wie lange es gelingt, die (internationalen) Logistikketten möglichst vollständig aufrecht zu erhalten, von der Beschaffung über die Produktion und Verladung bis hin zur Auslieferung und letztlich zum Endkunden.
Aufgrund der Vernetzung der Lieferketten in einem einheitlichen europäischen Wirtschaftsraum und dessen umfassender Betroffenheit durch die Corona-Pandemie sollten sämtliche nachfolgende Maßnahmenvorschläge nach Möglichkeit europaweit zur Anwendung gebracht werden. Entsprechend fordert der BWVL, dass die Maßnahmen bundeseinheitlich ungesetzt werden.
Hierzu zählen neben der Aufhebung des Sonntagsfahrverbots auch Sonderspuren für die Lkw-Grenzabfertigung, die Aussetzung der Kabotageregelung, die Lockerung der Lenk- und Ruhezeiten sowie der Weiterbildungsfristen im Zusammenhang mit der Berufskraftfahrerqualifikation und der damit verbundenen Geltung der Fahrerlaubnis, der Zugang zu Sanitärräumen für Lkw-Fahrer sowie die Zulassung von Lang-Lkw auf sämtlichen geeigneten Straßen.
„Neben den operativen Maßnahmen“, so BWVL-Präsident Quick, „ist für die mittelständischen Unternehmen die Unterstützung durch schnelle und unbürokratische Liquiditätshilfen mittels Bürgschaften und Krediten essentiell“. „Eine weitere Sofortmaßnahme könnte auch die Einrichtung von Krisen-Hotlines und Interventionsteams bis auf Länder- und Kreisebene sein, die im Zweifel mit Rat und Tat den Unternehmen umgehend zur Seite stehen können“, so Quick weiter.
Coronavirus – Maßnahmenkatalog für den Straßengüterverkehr
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung des Coronavirus COVID-19 kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lieferketten.
Der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) hat nach Rücksprache mit seinen Mitgliedsunternehmen aus Industrie und Handel nachfolgenden Maßnahmenkatalog entwickelt und zur Orientierung an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für die Umsetzung weiterer Maßnahmen übermittelt.
Lkw-Sonntagsfahrverbot
Das Lkw-Sonntagsfahrverbot sollte vorübergehend aufgehoben werden.
Grenzabfertigung
Durch die eingeführten Kontrollen an den Grenzübergängen kommt es zu erheblichen Staus die auch den Güterkraftverkehr betreffen. Es sollten daher Sonderfahrspuren für den Güterkraftverkehr eingerichtet werden.
Kabotageregelung
Für ca. 2-3 Monate sollte die Kabotageregelung ausgesetzt werden, damit die verfügbaren ausländischen Fahrzeuge weiterhin genutzt werden können und Fahrer bei einer grenzüberschreitenden Tour nicht in Quarantäne gesteckt werden.
Lenk- und Ruhezeiten
Die Durchsetzung der Lenk- und Ruhezeiten sollte für die Fahrer gelockert werden, die am Transport von Gütern und Personen in Europa beteiligt sind, gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006. Dabei darf die Sicherheit der Fahrer nicht beeinträchtigt werden.
Für die betreffenden Fahrer und Arbeiter sollten die Lenk- und Ruhezeiten daher vorübergehend wie folgt gelockert werden:
- Ausdehnung der maximalen Tageslenkzeit von 9 Stunden auf 11 Stunden (und entsprechende Lockerung des ArbZG)
- Reduzierung der täglichen Ruhezeit von 11 auf 9 Stunden.
Weiterbildungsfristen für Berufskraftfahrerqualifikation
Die Kontrollen zur Einhaltung der Weiterbildungsfristen für die Berufskraftfahrerqualifikation sollten für einen Zeitraum von sechs Monaten gelockert werden. Fahrer, die alle fünf Jahre den Nachweis für den Besuch der 35-stündigen Präsenzschulungen führen müssen, um den für ihre Berufsausübung erforderlichen Eintrag der Schlüsselzahl „95“ in den Führerschein zu erhalten, können keine Schulungen besuchen, da diese nicht stattfinden. Auch verzögern sich die Verfahrenswege zur Ausstellung der entsprechenden Führerscheine. Damit die Fahrer nicht der dringend erforderlichen Einbindung in die Lieferketten entzogen werden, sollte ein Einsatz für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach Ablauf der Fahrerlaubnis ermöglicht werden.
Sanitäreinrichtungen für Fahrer
Verpflichtung aller Verlader und Empfänger, auch für externe Fahrer, vorhandene Sanitäreinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Lkw-Fahrer dürfen bei der Anlieferung nicht auf Verhaltensregeln hingewiesen werden, wonach sie die Sanitärräume in diesen Unternehmen nicht (mehr) in Anspruch nehmen dürfen.
Lkw-Parkplätze
Auf sämtlichen LKW-Parkplätzen sollten Sanitärräume aufgestellt und möglichst mehrfach am Tag gereinigt werden, um eine verstärkte Infizierung unter den Fahrern zu reduzieren.
Lang-Lkw
Lang-Lkw sollten nicht nur auf dem bestehenden Positivnetz zugelassen sein, sondern auf sämtlichen dafür geeigneten Straßen.