Der Bundesverkehrsminister will die Novelle der EU-Eurovignette-Richtlinie neu aufsetzen, um möglichst schnell den CO2-Ausstoß in den Lkw-Mautsätzen berücksichtigen zu können.
Berlin. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will bei den Anstrengungen für mehr Klimaschutz in Europa vor allem digitale und technische Lösungen voranbringen. Nicht Verbote, Einschränkungen und Verschärfungen, sondern Innovationen seien bei dieser Herausforderung Treiber für die nächste Dekade des Wohlstands in Europa, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch in Berlin mit Blick auf die anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Dabei gehe es etwa um eine digitale Vernetzung von Verkehrsmitteln, alternative Antriebe und Kraftstoffe.
Scheuer kündigte einen Vorschlag für die EU-Richtlinie an, die den Rahmen für Lkw-Mautgebühren regelt. Ziel sei ein CO2-orientiertes Preissystem, das Anreize zum Umstieg auf klimafreundlichere Fahrzeuge gibt.
Klimafreundliche Fahrzeuge als „Innovations- und Wohlstandsturbo"
Der 2017 von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag für eine Novelle der Eurovignetten- oder Wegekostenrichtlinie, mit der Umweltfaktoren stärker gewichtet werden sollten, steckt seit 2018 zwischen den europäischen Institutionen fest. Insbesondere konnte sich der Rat der Verkehrsminister nicht auf eine gemeinsame Position einigen. „Deswegen möchte ich ein ehrliches Angebot machen für eine Eurovignetten-Richtlinie“, sagte Scheuer. „Wir sind noch nicht so weit, dass wir in unserer Ratspräsidentschaft einen Vorschlag machen, aber ich habe meinen Kolleginnen und Kollegen zugesagt, dass wir nicht jetzt die Abstimmung brauchen, sondern neu aufsetzen, um eine Lösung zu finden.“
Der Minister betonte, die Nutzerfinanzierung sei moderner denn je – „sie schafft Effizienz und vor allem unter dem Aspekt des Klimaschutzes Anreize, die kein anderes System aufstellen kann.“ Er sehe in klimafreundlichen Fahrzeugen den maßgeblichen „Innovations- und Wohlstandsturbo für Europa“.
Aktuelle Eurovignetten-Richtlinie erlaubt keine Berücksichtigung des CO2-Ausstoßes
Die Bundesregierung hat bereits im Klimaschutzprogramm 2030 geplant, ab 2030 die Lkw-Maut maßgeblich am CO2-Ausstoß auszurichten. Die derzeit gültige Eurovignetten-Richtlinie erlaubt es aber nicht, auch den CO2-Ausstoß zu berücksichtigen. Bisher fließen nur das maximal zulässige Fahrzeuggewicht und der Luftschadstoff-Ausstoß – insbesondere Ruß und Stickoxide – in die Berechnung der Mautsätze ein.
Scheuer zeigte sich auch offen für Diskussionen über eine Pkw-Maut auf EU-Ebene. Die Nutzerfinanzierung bekomme mit dem Klimaschutz eine neue Dynamik. Eine Pkw-Maut in Deutschland war vor einem Jahr vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gescheitert.
BUND fordert europaweite Kerosinsteuer und schärfere CO2-Vorgaben
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte erneut eine „echte Mobilitätswende“. Die Bundesregierung müsse die Ratspräsidentschaft nutzen, um eine europaweite Kerosinsteuer und schärfere CO2-Vorgaben für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge anzugehen.
Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn sagte, Scheuer sei auch gefragt, den grenzüberschreitenden Güterverkehr in Europa krisenfester zu machen und Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Scheuer will Logistikketten krisensicherer machen
Scheuer strebt ebenfalls Konsequenzen aus der Corona-Krise an. Es gehe unter anderem um eine bessere europäische Abstimmung, damit Logistikketten Krisensituationen besser aushalten könnten. Bei der Luftfahrt dürfe es im weltweiten Wettbewerb zu keinem Ausverkauf kommen. Bevor man über Verschärfungen von Vorgaben rede, gehe es vor allem um die Existenzsicherung der europäischen Luftfahrtindustrie. Er hoffe, dass deren Strukturen in ganz Europa erhalten blieben. (dpa/roe/sn)
Nachricht von verkehrsrundschau.de