Bis die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs als Mittel zur Emissionsfreiheit in diesem Transportsegment technisch ausgereift und einsatzfähig ist, stehen in diesem Jahrzehnt allein fortschrittliche flüssige (HVO100) und gasförmige Biokraftstoffe (Bio-LNG und Bio-CNG) der jeweils neuesten Generation zur CO2-Reduzierung zur Verfügung. Das CO2-Einsparpotenzial gegenüber fossilen Kraftstoffen liegt hier bei 85 bis 90 Prozent.
Im Gegensatz zur Elektromobilität sind für nachhaltige Kraftstoffe sowohl Fahrzeuge als auch Tankinfrastrukturen bereits vorhanden. Mit dem bestehenden dichten Tankstellenetz können Lkw-Bestandsflotten unkompliziert und ohne nennenswerten technischen Umrüstaufwand direkt mit fortschrittlichen Biokraftstoffen bis zur realen Einsatzfähigkeit elektrischer Antriebsalternativen übergangsweise versorgt werden und dadurch ab sofort zur CO2-Reduzierung beitragen.
Die Klimaschutzanstrengungen des Logistiksektors werden durch wirtschaftliche Anreize beschleunigt. Anders als für elektrisch angetriebene Lkw kann aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben (Eurovignetten-Richtlinie) im Bundesfernstraßenmautgesetz keine finanzielle Anreizstruktur zum verbreiteten Einsatz von fortschrittlichen Biokraftstoffen verankert werden.
Gleichwohl kann im Rahmen der Novelle der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) unter Verordnung (EU) 2023/1315 eine für fortschrittliche Biokraftstoffe abgabenmindernde Anpassung des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) erfolgen.
Artikel 44 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2023/1315 (AGVO) eröffnet den Mitgliedsstaaten Möglichkeiten, Steuern auf fortschrittliche Biokraftstoffe aus Rohstoffen des Anhang IX der Richtlinie 2009/28/EG (RED II) zu reduzieren bzw. auszusetzen. Gem. §§ 54 bis 56 EnergieStG können „berechtigte Unternehmen“ (z. B. Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs) schon heute von der Energiesteuer entlastet werden. Mit einer Ergänzung um einen neuen § 56a, könnte die in §§ 54 bis 56 bereits normierte Steuerentlastung um Unternehmen des gewerblichen Straßengüterverkehrs erweitertet werden.
Die hier unterzeichnenden Verbände schlagen daher folgende Ergänzung des EnergieStG vor:
§ 56a Steuerentlastung für den Straßengüterverkehr
(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Absatz 1 Satz 4b oder Absatz 2 Satz 1 versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Straßengüterverkehrs im Sinne des § 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes zu betrieblichen Zwecken verwendet worden sind.
(2) Der Steuertarif wird um die durchschnittliche jährliche Treibhausgasminderung gemäß § 45 der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) gemindert, jedoch
1. für nach § 2 Absatz 1 Satz 4b versteuerte Energieerzeugnisse um mindestens 80 % (1)
2. für nach § 2 Absatz 2 Satz 1 versteuerte Energieerzeugnisse um mindestens 90 % (2)
(3) Eine Steuerentlastung wird nur gewährt, soweit der Entlastungsbetrag nach Absatz 2 im Kalenderjahr den Betrag von 50 Euro übersteigt.
(4) Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat.
(5) Die Steuerentlastung wird gewährt nach Maßgabe und bis zum Auslaufen der hierfür erforderlichen Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014. Das Auslaufen der Freistellungsanzeige ist vom Bundesministerium der Finanzen im Bundesgesetzblatt gesondert bekannt zu geben.
(6) Ausgenommen von der Steuerentlastung sind
a) fossile Kraftstoffe
b) Biokraftstoffe, die aus Rohstoffen mit einem hohen Risiko indirekter Landnutzungsänderungen erzeugt wurden, für die entsprechend Artikel 26 der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82, L 311 vom 25.9.2020, S. 11) eine erhebliche Ausweitung des Erzeugungsgebiets auf Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand zu verzeichnen ist oder
c) synthetische Kraftstoffe, die aus fossilen Rohstoffen oder
d) strombasierte Kraftstoffe, die aus nicht erneuerbarer Energie erzeugt wurden
Die unterzeichnenden Verbände:
Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) e. V.
Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK)
Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Bundesvereinigung Logistik (BVL) e. V.
DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.
Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) e. V.
Deutsches Verkehrsforum (DVF) e. V.
Das Dokument als PDF-Datei finden Sie hier.
(1) § 2 Absatz 1 Satz 4b EnergieStG – Steuersatz für Gasöle der Unterpositionen 2710 19 43 bis 2710 19 48 und der Unterpositionen 2710 20 11 bis 2710 20 19 der Kombinierten Nomenklatur mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg
(2) § 2 Absatz 2 Satz 1 EnergieStG – Steuersatz für 1 Megawattstunde Erdgas und 1 Megawattstunde gasför-mige KohlenwasserstoffeDie unterzeichnenden Verbände: