Nach 50-minütiger Aussprache über den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein drittes Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften hat der Bundestag soeben das Gesetz verabschiedet und dem Bundesrat zugeleitet, den es heute noch durchlaufen wird. Erst Mittwochabend (18. Oktober 2023) war der Weg für dieses „besondere“ Gesetzgebungsverfahren frei gemacht worden: Die Länderkammer hat trotz CDU-Mehrheit einer Fristverkürzung im Verfahren zugestimmt, ohne die ein rechtzeitiges Inkrafttreten des Gesetzes für das Startdatum 1. Dezember stark gefährdet gewesen wäre. Denn dann wären für Ausfertigung und Verkündung der Gesetzesänderung nur sechs Tage verblieben und die Gefahr groß gewesen, dass die von Toll Collect bereits auf das System aufgespielten neuen Mauttarife am 1. Dezember ohne Rechtsgrundlage zur Anwendung gebracht worden wären.
Entsprechend verwirrend waren die „Meldungen“ in den letzten Tagen, die von Verschiebung der Mauterhöhungen ins kommende Jahr und Ablehnung der Fristverkürzung im Bundesrat durch CDU-Mehrheit bis hin zum frühzeitigen Bestätigen des Termins am 1. Dezember 2023 reichten.
Die Lkw-Maut für die Benutzung von Bundesfernstraßen wird ab dem 1. Dezember 2023 um eine CO2-Komponente erweitert und ab dem 1. Juli 2024 auch auf Lastkraftwagen mit mehr als 3,5 Tonnen bis 7,5 Tonnen ausgeweitet. Von der Mautpflicht ausgenommen werden sollen Fahrten von Handwerkern oder Personen mit handwerksähnlichen Berufen mit Fahrzeugen von weniger als 7,5 Tonnen.
Zentrales Element der neuen Mautsätze ist die Unterscheidung der mautpflichtigen Fahrzeuge nach ihrer Einordnung in eine sogenannte CO2-Emissionsklasse, die sich im Wesentlichen nach der Kohlenstoffdioxidemission des Lkw richtet, sowie die Einführung des technisch zulässigen Gesamtgewichts (tzGm) als neuer Grundlage für die Zuordnung zu einer Gewichtsklasse. Mit der Kohlenstoffdioxid-Differenzierung soll eine Lenkungswirkung hin zu Fahrzeugen mit alternativen Antrieben eintreten, um dadurch die Treibhausgasemissionen im Verkehr zu senken und das Ziel – ein Drittel elektrische Fahrleistung im Jahr 2030 – zu erreichen.
Der BWVL hat die Änderungen zur Lkw-Maut in mehreren Schreiben und in der Öffentlichkeit wiederholt stark kritisiert. So unvorhersehbar wie das Verfahren zur Verabschiedung des dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften war, so negativ sind aus Sicht des BWVL auch dessen inhaltliche Auswirkungen, insbesondere:
- Fehlende Lenkungswirkung
- Inflatorische Wirkung als versteckte Steuer
- Staatlich verursachter Verhandlungsaufwand zwischen den Transportbeteiligten
(ca. 93.000 Transportunternehmen, davon 50,4 % Logistikdienstleister, 49,6 %
Werkverkehrsunternehmen) - Hohe Belastung der klein- und mittelständisch geprägten Unternehmensstruktur
- Falscher Einführungszeitpunkt: nicht zum Jahresende, sondern unterjährig
- Doppelbelastung durch CO2-Steuer und CO2-Mautkomponente (= Bruch des eigenen
Koalitionsvertrags)
Die Bundesregierung rechnet durch die Einführung der Kohlenstoffdioxid-Differenzierung für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen mit Mehreinnahmen aus der Maut von 26,61 Milliarden Euro in den Jahren 2024 bis 2027. Die erwarteten Mehreinnahmen durch die Ausdehnung der Maut auf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen beziffert die Bundesregierung auf vier Milliarden Euro im gleichen Zeitraum. Davon sollen 1,83 Milliarden Euro auf die CO2-Differenzierung entfallen. Ebenfalls neu geregelt wird die Verwendung der Mauteinnahmen. Die Hälfte der Einnahmen soll weiterhin zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur für die Bundesfernstraßen verwendet werden, die zweite Hälfte auch für Maßnahmen im Bereich des Schienennetzes.
Vor dem Hintergrund zunehmender Gewissheit über den Einführungszeitpunkt der Lkw-Mautänderungen rät der BWVL dringend zur Prüfung der Einordnung der eigenen Lkw in die richtige CO2-Mautklasse und deren technisch zulässiger Gesamtmasse als neuer Grundlage für die Zuordnung zu einer Gewichtsklasse.